Indian Queen oder O Gott, die Hecke!!
Die Indian Queen ist ausnahmsweise mal ein historischer Tanz, der den Namen verdient, weil es ihn tatsächlich so gegeben hat.
Geschrieben wurde sie um 1650 von dem englischen Tanzmeister Playford, der noch ne ganze Menge anderer schöner Tänze auf Lager hatte - in seinem ersten Buch "The English Dancing Master" waren es schlappe 900 Stück.
Von all diesen Tänzen ist die Indian Queen in der LARPer-Szene der vermutlich verbreitetste Tanz, wahrscheinlich, weil sie im Verhältnis zu vielen anderen Playford-Tänzen ziemlich einfach ist, denn sie ist ja nur ein Longway...
Für die Indian Queen braucht man Paare. Sie stellen sich in einer langen Reihe auf (daher "Longway") und schauen sich an.
Alle Damen stehen rechts, alle Herren stehen links.
Es tanzen immer zwei Paare gemeinsam als Vierer, damit das klappt und nicht mittendrin ein Paar übrig ist, muss man durchzählen: eins, zwei.
Der Tanz beginnt mit einem kurzen Vorspiel, was uns Gelegenheit bietet, einander höflich eine Reverenz zu erweisen.
Zuerst tanzt der Herr Nr. 1 mit der Dame Nr. 2, die ihm schräg gegenüber steht.
Beide hüpfen zweimal ein bisschen auf einander zu und drehen sich dann einmal um sich selbst wieder nach außen auf ihren Platz = Set and Turn
Dann reichen sie sich die rechten Hände und tanzen in 8 Schritten einmal ganz im Kreis, bis sie wieder auf ihren Plätzen angekommen sind.
Herr 2 und Dame 1, die bisher Pause hatten, machen nun dasselbe.
Am Ende ihres Kreises lassen sie einander aber nicht los!
Stattdessen reichen sich auch die beiden anderen die rechten Hände, und zwar über den Händen des anderen Paares, alle tanzen nun 8 Schritte im Kreis = Mühle
Loslassen, umdrehen und den Tanzpartner mit der linken Hand ergreifen, nun reicht sich das Paar Herr 1 / Dame 2 die Hände UNTER denen des anderen Paares. Alle tanzen 8 Schritte andersherum und kommen damit wieder an ihren alten Plätzen an - sie lassen einander los.
Es folgt ein Dos à Dos mit dem eigenen Partner, d.h. Dame 1 und Herr 1 tanzen aneinander vorbei, so dass sich die rechten Schultern begegnen, sie drehen sich dabei nicht um, sondern kreuzen mit dem Rücken aneinander vorbei und tanzen rückwärts (jetzt begegnen sich die linken Schultern) wieder auf ihren Platz.
Und nun kommt, was alle fürchten: Die Kette.
Vorbemerkung: jeder tanzt im Prinzip ein U und das Ziel ist es, dass Paar 1 und Paar 2 die Plätze tauschen.
Man reicht seinem Partner die rechte Hand und zieht sich daran auf die andere Seite - nun stehen alle Damen auf der Herrenseite, alle Herren auf der Damenseite.
Jetzt wendet man sich seinem Geschlechtsgenossen aus dem Vierer zu, reicht ihm oder ihr die linke Hand und zieht sich daran auf dessen Seite - nun stehen alle Damen immer noch auf der Herrenseite, aber auf der anderen Position, die 1er stehen auf dem 2er Platz und die 2er auf dem 1er Platz.
Erneut greift man mit der freien rechten Hand nach seinem Partner und zieht sich wieder auf die korrekte Geschlechtsseite - nun stehen alle Damen wieder richtig und die Herren auch und wie durch Zauberhand haben die Paare 1 und 2 die Plätze getauscht.
Der Tanz beginnt nun von vorn mit Herr 1 und Dame 2, allerdings findet man sich nun in einem neuen Vierer wieder!
Ist eigentlich ganz einfach: Alle Paare Nr. 1 schauen beim Tanzen ans Ende der Reihe, alle Paare Nr. 2 schauen nach vorn. Das behält man einfach bei.
Solltet ihr am vorderen oder hinteren Ende der Reihe stehen, werdet ihr wahrscheinlich plötzlich feststellen, dass ihr irgendwie übrig seid und keiner mit euch tanzt. Das ist Absicht, ihr seid gerade "Bäumchen". Keine Sorge, das geht vorbei, in der nächsten Runde wird euch entweder die Dame oder der Herr des Nachbarpaares ansehen und dann wisst ihr, wer von euch beiden zuerst Set and Turn tanzen muss.
Der Tanz ist wirklich schön und sieht auch klasse aus. Nur die Kette macht Anfängern immer Angst.
Die Kette ist mit einiger Dreherei verbunden und viele haben den Eindruck, dass sie sich viel zu viel drehen und irgendwie alles komplizierter machen - das stimmt.
Ist aber auf der Aschenbrödelparty total egal! Gleichgültig, wie schlimm es aussieht und welches Chaos ihr anrichtet, wenn ihr am Ende der Kette da angekommen seid, wo ihr hinmüsst, dann ist alles gut!
Bevor ihr verzweifelt: Es gibt eine geniale GIF-Animation, mit der man diesen Tanz endlich mal auch "trocken" kapiert - Danke, LARP-Lieder-Tanzbuch!! Und es gibt auch ein nettes Video auf ihrwisstschonwo - einfach "Indian Queen" eingeben.
Wenn ihr das mal woanders tanzen solltet: Die Details werden regional unterschiedlich ausgeführt, so kann z.B. die Handfassung in der Mühle oder das Set & Turn auf verschiedene Weise gemacht werden. Bestimmt gibt es da auch ein "Historischtotalkorrekt" aber ich passe mich einfach immer den Leuten an, bei denen ich zum Tanzen bin.