Die Dreharbeiten mit dem einen oder anderen Trick
Was wir auch noch gesehen haben
Eins wollen wir vorab mal klarstellen: Selbstverständlich ist "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" perfekt. Es ist der schönste, beste und großartigste Film des 20. Jahrhunderts. Wir alle verehren, lieben, ja beten ihn an! Auch wenn an der einen oder anderen Stelle kaum sichtbar getrickst wurde.
Gedoubelt!
Auf der neuen tschechischen DVD erzählt Václav Vorlíček: "Im Gegensatz zu Šafránková, die schon große Erfahrungen mit dem Reiten hatte, hatten Pavel Trávníček, Vítěszlav Jandák und Jaroslav Drbohlav überhaupt keine Erfahrung damit. Also bekamen alle drei Prinzen eine Grundkurs. Sie gingen mit großen Engagement an die Sache heran und haben die Reitszenen auch gut hinbekommen. Das einzige Mal, dass Libuše Šafránková von einer Stuntfrau ersetzt wird, ist ein Sprung über einen Baumstamm. Wenn die Hauptdarstellerin sich die Hüfte oder ein Bein gebrochen hätte, wäre das eine Katastrophe für den Film gewesen. Sie hat aber andere Szenen gut gemeistert, auch die eine Szene, in der sie dem Prinzen das Pferd stielt. Sie hat alles ausgezeichnet gemacht."
In der gelungenen Doku des WDR "Wenn Märchen wahr werden" (2005) kommt nach über 30 Jahren heraus, dass Frau Šafránková auch bei den Dreharbeiten auf Schloss Moritzburg bei Dresden ersetzt wurde. Den scharfen Ritt die eisglatte Schlossrampe hinunter absolvierte eine einheimischen Reiterin aus Moritzburg, Frau Marion Becker.
Anlässlich der ersten 3hfa-Ausstellung auf Schloss Moritzburg erinnert sie sich an die Gegebenheiten beim Dreh. Sie war zwar auch nicht groß oder stabil, trotzdem war Libuse noch zarter. Den rosafarbenen Umhang bekam Frau Becker am Hals nicht zu, er musste daher mit Nadeln festgesteckt werden. Weiter erzählt sie: "Die Flucht vor dem Prinzen über's Feld ist zusammengeschnitten aus Cunnertswalde [Anm: einem kleinen Nachbarort von Moritzburg] und Böhmerwald, wobei ich nur die Szene in Cunnertswalde gedoubelt habe."
Mit Aschenbrödels deutschem Nikolaus gab es wegen der winterbedingten Glätte noch ein weiteres Problem. Der damalige Lehrling am Gestüt, Volker Steinhorst, berichtet 2012 in der OTZ: "Aschenbrödel sollte den vereisten Weg am Schlossteich entlang galoppieren, schaffte es aber nicht, den vorsichtigen Nikolaus dort in Galopp zu bringen. Da musste ein leichter Gestüter ran, der Aschenbrödel half. Ich wog damals nur 68 kg und man konnte es wagen, mich auf Nikolaus zu setzen. Obwohl ich noch nie vorher auf einem Damensattel saß, musste ich Nikolaus nun zum Galopp überwinden. Danach tat er es auch bei Aschenbrödel und es konnte weitergedreht werden".
In Tschechien lief es genau so ab. Der Reiterverein Jezdecký klub Slavia VŠ Plzeň stellte die Pferde zur Verfügung und bei Bedarf auch Reiter, die bei riskanteren Einsätzen die Schauspieler doubelten. Der Präsident des Clubs, Jan Stroner, schrieb mir 2007: "Die Prinzessin ist in einigen Situationen von unserer Kollegin Helena Štruncová gedoubelt worden."
Und auch bei den Herren setzte Regisseur Vorlíček für einige Situationen lieber örtliche Reiter als Doubles ein. So schreibt Herr Stroner: "Ich und meine damaligen Club-Kollegen haben Komparsenrollen übernommen bzw. waren auch Double für den Prinzen. ... Natürlich saßen wir in dieser Verfilmung auf unseren eigenen Rössern."
In Moritzburg durften der Prinz und seine Begleiter, genau wie auch Aschenbrödel, den Ritt die Schlossrampe hinunter auch nicht selber ausführen. Wie wir wissen, hatten die Herren auch erst für
den Film reiten gelernt, und so war der gefährliche Galopp für sie noch riskanter, als für die reiterfahrene Libuše Šafránková. Die Schauspieler wurden daher von drei jungen Gestütswärtern aus
dem damaligen Hengstdepot ersetzt: Gerhard Jürgens (Prinz; auf Hengst Rondus), Frank Weiße (für Drbohlav) und Ulrich Junghanns (für Jandak). Frank Weiße erinnert sich 2009, dass das laute
Rauschen der Fackeln die Pferde in solche Aufruhr versetzte, dass sie weit über das Ende der Rampe hinaus galoppierten und erst am Tor zum Schlosspark zu zügeln waren.
Große Tricks
Ich suche immer noch nach dem Faden, an dem die Eule am Schluss durchs Bild geschwenkt wird. Den Faden, mit dem dem Prinzen der Pfeil aus der Hand "geschossen" wird, habe ich schon gefunden...
Und immer wieder schön: Das Erscheinen des Ballkleides aus der hingeworfenen zweiten Zaubernuss:
Kleine Schummeleien
Manchmal waren nur Kleinigkeiten nötig, um das Bild abzurunden...
Taube rückwärts
Das wäre ja auch unnatürlich, wenn die Täubchen die guten Erbsen wirklich wieder in die Schale zurücklegen würden.
Reversible Kurzhaarfrisur
Sieht einfach besser aus, wenn man als Jägersmann durchgehen will.
Ein Ast mehr
kann nicht schaden. So trifft der Pfeil bestimmt einen Zapfen.
Was wir auch noch gesehen haben
Aufheben!
Die Pfeile sind Euer Hoheit beim Schneeballwerfen aus dem Köcher gefallen.
Maulwurf?
Personal mit so gepflegten Fingernägeln ist verdächtig...
Und hopp!
Ganz kurz ist der Handschuh des Tiertrainers zu sehen, der die Eule auf den Ast schubst.
Untenrum warm
Wenigstens für die Nahaufnahmen wollte man Libuše wohl nicht so frieren lassen.
Anschlussfehler
Der flache Korb steht halb unter der Truhe, als Aschenbrödel aufsteht, um die Täubchen hereinzulassen - in der nächsten Einstellung steht er frei auf dem Boden.
Noch ein Anschlussfehler
Die Stiefmutter ist schon fast aus dem Eistümpel heraus, als der Prinz Dora erreicht. Als er sie wenig später zurückstößt, steht ihre Mutter wieder neben ihr.
Hufeisen verloren
(gesehen von Safiya)
Gleich beim ersten Ausflug verliert Nikolaus ein Hufeisen - hier fliegt es gerade vor dem Baumstamm her.
Noch eine Schnur
(gesehen von M. Hulot)
Kurz bevor der kleine Fuchs erlegt wird, ist an seiner linken Seite eine dünne Schnur zu sehen.
Futuristisch
(gesehen von Claudia)
Vinzek sägt Äste mit einer Bügelsäge, die der Menschheit erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts zur Verfügung stehen wird.
Mehr Zukunft
(gesehen von Matzel)
Ist das ein Strommast? Telegrafenmast? Auf jeden Fall keim Baum!
Alptraum jeder Frau
(gesehen von Vekyla)
O nein! Im Haushalt der Stiefmutter finden sich mindestens zwei Kleider, die auch Damen auf dem Ball tragen.
Falsche Richtung
(gesehen von Nicoletta)
Die zweite Nuss rollt von rechts über den Boden, Aschenbrödel geht aber von links auf das Kleid zu und hebt es auf.
Trotz oder vielleicht gerade wegen dieser kleinen Schummeleien ist "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" einer der liebenswertesten Filme des vergangenen Jahrhunderts. Und wir wollen auch mal nicht kleinlich sein. Denn wie durfte ich letztens in einem Forum lesen:
"Mikes" Äußerung:
Meine Meinung dazu: Ein schlechtes Helden in Strupfhosen B Movie, das die Kommi-Agenten von Cinderella/Aschenputel abgekupfert ham. Leider nur schlecht.
Kommentar eines gewissen Guido:
Wo hätten die Tschechen denn damals das Geld für eine gute Kopie her nehmen sollen?
Zum Selberlesen unter http://www.wer-weiss-was.de/theme95/article1601407.html)
Quellen:
Gedoubelt!
- Václav Vorlíček in seinem Interview auf der 2002er Ausgabe der tschechischen Film-DVD "Tri oríšky pro Popelku", Zlatý Fond České Kinematografie 2002, übersetzt von Renata Susewind
- Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten, Schloss Moritzburg und Fasanenschlösschen (Hg.): "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel - Die Broschüre zur Ausstellung auf Schloss Moritzburg", Dresden 2009, S. 20)
- Volker Steinhorst "Aschenbrödels Nebendarsteller" in der Ostthüringer Zeitung vom 28.12.2012
(Danke an Lars Uhlmann!!) - Foto Marion Becker: Kathrin Miebach, bei der Eröffnung der 3hfa-Ausstellung auf Schloss Moritzburg, 09.10.2009