3hfa wird 50!
Der beste Film der Welt wird in diesen Monaten 50 Jahre alt! Zeit zu feiern und ein paar Dinge Revue passieren zu lassen...
Vom Kinderfilm zum Dauerbrenner - die ersten 50 Jahre
Oktober 1972 - Der Winterdreh wird beschlossen
Das konnte sich hingegen Vorlíček nicht vorstellen. Die Hauptdarsteller waren jung, ihre Gesichter könnten sich verändern, es könnte ein Unfall oder eine Schwangerschaft dazwischen kommen, nein, monatelang warten wollte er nicht. Und außerdem fiel ihm ein Winterbild seines Lieblingsmalers Pieter Brueghel ein, und er setzte sich mit der Idee durch, nach Abschluss der Studioarbeiten gleich die Außenszenen auf Schloss Moritzburg und im Anschluss im Böhmerwald und auf Burg Švihov zu drehen. Das würde – so war Vorlíček überzeugt – dem Film ein ganz neues und interessantes Flair verleihen.
Und so kam es!
Weil das aber alles erst zwei Monate vor Drehbeginn beschlossen wurde, hatten die tschechoslowakischen Barrandov-Studios die Kostüme schon fertig - die Sommerkostüme. Schnell noch ein Mäntelchen hier, ein Fellstreifen da angebracht - dass man in ein paar Wochen tagelange Außenaufnahmen bei minus 20 Grad machen würde, das ahnte niemand im Oktober vor 50 Jahren.
November 1972 - Das deutsche Drehbuch entsteht
Die Kooperation mit der DEFA stand, nun mussten noch Details geklärt werden. Frisch von der Filmhochschule wurde Hannelore Unterberg als Regieassistentin engagiert und damit beauftragt, aus einer grob übersetzten Fassung das deutsche Drehbuch zu schreiben.
Das tschechische Drehbuch stammte aus der Feder von Dr. František Pavlíček. Er hatte sich im Prager Frühling engagiert, 1968 und 1969 auch als Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei. Als 1970 nach der gewaltsamene Niederschlagung des Prager Frühlings die „Normalisierung“ begann – eine freundliche Umschreibung für Zensur, Auflösung missliebiger Organisationen und anderer repressive Maßnahmen - durfte Pavlíček nicht mehr als Drehbuchautor arbeiten, seine Werke wurden verboten, er musste sein Brot als Lager- und Hilfsarbeiter verdienen. Nach der Unterzeichnung der Charta 77 wurde er, ebenso wie Václav Havel und viele andere, verhaftet. Wie Vorlíček sich erinnert, hat man versucht, ihn künstlerisch und auch existenziell zu vernichten. Einige seiner Rundfunkhörspiele, Filmdrehbücher und Fernsehspiele konnten damals nur unter den Namen verschiedener anderer Autoren umgesetzt werden. Bei 3hfa übernahm das Bohumila Zelenková.
Václav Vorlíček kannte schon zu Beginn der Arbeiten den Namen des wahren Autoren, tat jedoch, als wüsste er nichts davon. Wenn Änderungen am Drehbuch zu besprechen waren, lief das über Frau Zelenková, die das Drehbuch zuvor auch noch einmal in eigenen Worten geschrieben hatte, damit es auch vom Schreibstil her wirkte, als sei es von ihr.
Vorlíček Änderungen gingen aber tiefer. Schon Pavliček hatte Aschenbrödel – ganz im Gegensatz zur tschechischen Märchenversion – als eher selbstbewusstes Mädchen beschrieben, doch Vorlíček hob das noch mehr hervor. Als Jahre später Pavliček und Vorlíček einander einmal begegneten, soll Pavliček sich anerkennend über Drehbuchänderungen ausgesprochen und gemeint haben, dass Vorlíček das Skript noch verbessert habe.
Die Kofinanzierung durch die DEFA hatte auch die Vereinbarung zur Folge, dass die Rollen von König und Königin, sowie der Stiefmutter mit deutschen Schauspielern besetzt werden sollten. Um Vorlíček einen Eindruck der ihm möglicherweise unbekannten deutschen Darsteller zu geben, suchte Regieassistentin Hannelore Unterberg passende Stellen aus deutschen Filmen, schnitt sie zusammen und legte sie dem Regisseur vor.
Im Fall von Rolf Hoppe, war das gar nicht nötig, denn der Regisseur kannte Hoppe als Bösewicht aus den ostdeutschen Indianerfilmen. „Er hatte so unschuldige, blassblaue Augen“, fand Vorlíček. Doch obwohl das Äußere bis heute überzeugt (auch wenn der Bart damals angeklebt war), hat Hoppe während des Drehs wohl häufig die Befürchtung gehabt, dass seine Rolle zu komisch angelegt sein und der König sich lächerlich machen könnte. Er wollte einiges anders spielen, als der Regisseur. Karin Lesch – die Königin – konnte ihn überzeugen, dass es hier um einen Vater ging, der vergessen hatte, dass er auch einmal jung war.
Frau Unterberg hatte inzwischen auch schon ihr erstes ganz eigenes Projekt: Konzert für Bratpfanne und Orchester. Die Zusammenarbeit mit den Tschechen war so gut, dass Ota Hofmann ihr sagte: „Wenn Sie es bei der DEFA nicht machen dürfen, dürfen Sie das bei uns drehen.“ Von diesem Angebot hörte auch die DEFA, was dazu führte, dass Frau Unterberg ihr Projekt in der DDR am besten sofort machen sollte. Deswegen wurde sie von 3hfa abgezogen, und durch Peter Bohnenstengel ersetzt. Sie musste sogar unterschreiben, dass ihr Name nicht im Abspann auftauchen wird.
Von Herrn Bohnenstengel sieht man im Film aber nicht nur den Namen, sondern auch ihn selbst, denn als der Kavalier, der Dora zum Tanz führen sollte, ausfiel, musste Herr Bohnenstengel eingspringen. Der schlaskige junge Herr in schwarzer Robe, der Dora auffordert, ist kein geringerer, als der deutsche Regieassistent!
Frau Unterberg startet derweil ihre Karriere bei der DEFA und wurde eine bekannte Dramaturgin. An den Winter in Prag erinnert sie sich immer noch gern zurück, vor allem an die freundliche und partnerschaftliche Atmosphäre zwischen ihr – der „einfachen“ Angestellten - und den Entscheidern, u. a. Ota Hofmann und Václav Vorlíček, die sogar zu ihr ins schwimmende Hotel kamen, um sich ihre Vorschläge über Besetzung, Drehorte und Probeaufnahmen anzuhören. Manchmal saß man zehn Stunden zusammen, aber in der Rückschau fühlte es sich gar nicht wie harte Arbeit an, sondern als Teil des Lebens, so Frau Unterberg. Und das merke man dem Film auch an.
Für 3hfa hatten die Barrandov-Studios etwa 4 Millionen Kronen eingeplant. Das würde, da war sich der Regisseur Václav Vorlíček sicher, nicht reichen. Ota Hofmann fragte bei der DEFA an, und dort zeigte man sich überraschend schnell zur Kooperation bereit. Das Drehbuch wurde ins Deutsche übersetzt und im Oktober 1972 trafen sich die Leitung des staatlichen tschechoslowakischen Filmamtes mit dem Direktor Jiří Purš und eine Abordnung der ostdeutschen DEFA ebenfalls mit ihrem Direktor Albert Wilkening, in Prag, um die Details zu besprechen. Das Drehbuch sah einen Film vor, in dem Aschenbrödel durch blühende Wiesen und an plätschernden Bächen vorbei reiten sollte.
Die deutsche Delegation musste, so erinnert sich Vorlíček, erst mal überzeugt werden, dass es hier NICHT um die Version der Gebrüder Grimm ging. Dann wünschte sich Herr Wilkening auch noch, die deutschen Filmstudios im Herbst oder Winter zu nutzen, um seine Studioarbeiter in den flauen Monaten beschäftigen zu können. Dafür bot er auch an, den Ballsaal und noch ein weiteres Set in Deutschland zu bauen. Das gefiel natürlich den tschechoslowakischen Vertretern, die sich ausrechneten, damit Geld sparen zu können. Wilkening weiterhin: Man könne ja im Anschluss drei, vier Monate warten und dann im Frühling die Außenszenen drehen.
Dezember 1972 - Der große Ball
Die Dreharbeiten beginnen – wie von den Deutschen gewünscht – im Dezember 1972 in Babelsberg. Doch zunächst sind Proben mit den Statisten angesagt. Am 6.12. erscheinen 19 Studierende der Staatlichen Ballettschule bei der DEFA zu Kostümproben. Parallel werden Kleindarsteller auch bei den örtlichen Tanzvereinen gesucht, die sich ebenfalls am 6.12. persönlich vorstellen sollen. Die werden aber nur für den Hintergrund gebraucht und müssen nicht tanzen. Als Kostüme werden alle möglichen halbwegs historisch aussehenden Kleider aus Barrandov und Babelsberg zusammengeworfen und wem etwas passt, der muss es auch anziehen.
Zwischen dem 9. und 14.12. wird unter der Leitung von Frau Walther vom Friedrichstadtpalast mal mit den Ballettschülern, mal mit den Profis aus dem Friedrichstadtpalast die Choreografie eingeübt. Die tschechischen Hauptdarsteller sind bei diesen Proben nicht dabei und so ist es vielleicht zu erklären, dass sich Vítěszlav Jándak später bei den Dreharbeiten vertanzt und von seiner Partnerin wieder auf den richtigen Weg geführt werden muss. Es scheint der guten Laune aber keinen Abbruch getan zu haben.
Der große Ball wird mit viel Sorgfalt und Ruhe am 18., 20. und 21. Dezember gedreht. Mit so viel Sorgfalt und Ruhe, dass die Tänzer mal drei, mal fünf Überstunden abrechnen. Abgesehen von ihrem langen Tag am Set sind sie auch vorher und nachher noch stundenlang unterwegs, denn um von Ostberlin nach Potsdam zu kommen, muss man um Westberlin herumfahren.
Die Musik kommt natürlich vom Band, aber die Instrumente auf dem Balkon sind alle echt. Sie werden von Berol Kaiser-Reka bereitgestellt, der – um seine Kostbarkeiten in guten Händen zu wissen – auch gleich höchstselbst den Kapellmeister gibt.
In den Kulissen werden mehrfach Schienen für die Kamerafahrten verlegt, alle Darsteller werden streng auf ihr Erscheinungsbild kontrolliert – nicht, dass aus einen Ärmel eine Armbanduhr hervorblitzt! Einmal steht ein Darsteller auf Aschenbrödels Schleppe, als die Schauspielerin aus dem Saal laufen soll – die Schleppe reißt ab und muss erst wieder angenäht werden. Ein anderes Mal läuft das Musikplayback nicht. Die ganze Sache zieht sich. Eine Dame vom Friedrichstadtpalast lässt ihren Frust kurz durchblicken und rollt mit den Augen, als sie zum sicherlich x-ten Mal sich elegant zu Tanz bitten lassen muss.
Doch manches geht auch ganz schnell. Für das „Kleinröschen“ hat Regisseur Vorlíček die in der ČSSR bekannte und beliebte Helena Růžičková gewählt, wie er sowieso auch bei den Nebenrollen darauf geachtet hat, bekannte und auch gern eher komische Schauspieler zu bekommen, denn: „Wenn mir bei den Dreharbeiten ein Witz einfällt – wer soll den dann für mich spielen?“ Der Schalk sitzt Vorlíček wohl mal wieder im Nacken, denn er nimmt Růžičková zur Seite und sagt ihr, sie solle in den Tanzszene Trávníček mal hochheben. Der rechnet damit überhaupt nicht und reagiert so verblüfft, dass Vorlíček die Szene gleich im Kasten hat.
Januar 1973 - Dreh in Moritzburg
Nachdem Anfang Januar 1973 weitere Innenaufnahmen in den Babelsberger Studios entstanden sind, wird am 15.1. nicht gedreht, sondern gepackt und verladen um am nächsten Tag in den kleinen Ort Moritzburg, ca. 15 km nordwestlich von Dresden zu fahren.
Das dortige Barockschloss hat der Regisseur als Kulisse für die königliche Residenz ausgewählt. Das Innere hatte ihm nicht gefallen. Zwar gibt es dort einige große Säle, aber die dunklen Ledertapeten waren Vorlíček zu düster.
Die Temperaturen im Januar vor 50 Jahren sind eisig. Gleich am 16. beginnt man, die Räumlichkeiten, die für Kostüme. Maskenbildner usw. vorgesehen sind, zu heizen, obwohl erst zwei Tage später gedreht wird. Die Darstellerin des Aschenbrödels trägt hier einen dicken Mantel, während sie zum eiskalten Set geht. Die Dame hinter ihr ist eine mütterliche Assistentin, von der es heißt, dass sie streng darüber wacht, die junge Schauspielerin wann immer möglich vor der Kälte und anderen Unbillen zu schützen.
Leider liegt trotz der Kälte nur sehr wenig Schnee. Der See ist zwar zugefroren, aber die Landschaft ist eher graubraun als weiß. Es muss Kunstschnee her. Der wurde in der DDR aus Fischresten hergestellt und stank legendär.
Noch heute wird in Moritzburg davon mit Abscheu berichtet. Der Geruch muss auch noch lange nach Beendigung der Dreharbeiten in der Luft gehangen haben.
Aber zu etwas erfreulicherem: Damals war das Schloss zwar auch schon ein Museum, aber auch teilweise noch bewohnt. Unter anderem durch Herrn Weber, der heute noch in der Nähe wohnt. Er hat damals ein paar wundervolle Fotos gemacht.
Außerdem sind er und andere Mieter der Bitte des Drehstabs nachgekommen, abends in allen Räumen das Licht einzuschalten, damit das Schloss besonders festlich aussieht. Immerhin fand darin ja gerade ein Ball statt… Natürlich gab es für den Stromverbrauch auch eine Entschädigung.
Am ersten Drehtag geht es noch ohne Pferde zu, aber dann wird es für alle anstrengend.
Mitarbeiter des Sächsischen Landgestüts in Moritzburg doubeln Trávníček, Jandák, Drbohlav und Šafránková, von denen zwar wenigstens Libuše sehr gut reiten kann, aber diesmal nicht reiten soll. Die Unfallgefahr beim scharfen Ritt die vereiste Nordrampe hinunter ist Vorlíček zu groß.
Aschenbrödels Double bekommt die Knöpfe des Umhangs nicht zu (hatten wir bereits erwähnt, wie zierlich Libuše war?), die Pferde stehen den zischenden Fackeln kritisch gegenüber und der erfahrene Schimmel Kalif (Nikolaus), der das Risiko genauso einschätzt, wie der Regisseur, muss sogar stark angetrieben werden, um die Rampe überhaupt zu nehmen. Aber am Ende klappt alles.
In den kommenden Tagen wird dann an den Rändern des Schlossteichs die Kutschfahrt gedreht und der verzweifelte Versuch des Präzeptors, die Herren Prinzen einzuholen.
Eine Kutsche kann die DEFA zur Verfügung stellen, die andere wird von Privat ausgeliehen. Die zweite fährt noch oft in Moritzburg, geht aber bei einem Stallbrand in Flammen auf. Heute ist sie wiederaufgebaut und kann jedes Jahr in der Aschenbrödel-Ausstellung auf Schloss Moritzburg bewundert werden.
Einige Szenen können aufgrund des Schneemangels gar nicht in Moritzburg gedreht werden, sie werden später in der ČSSR nachgeholt. Durch eine geschickte Kamerapositionierung und ständiges Umschneiden zwischen Böhmen und Sachsen entsteht im Film der Eindruck einer Reise durch eine reichlich beschneite Landschaft.
Und so bekommt die Dianenburg von Herzog Moritz, später Jagd- und Lustschloss Augusts des Starken, Zentrum der Kunstlandschaft Kurfürst Friedrich Augusts III. von Sachsen und Wohnsitz Prinz Ernst Heinrichs von Sachsen einen weiteren Eintrag in ihr Geschichtsbuch:
Nun kennt man sie als "das Schloss aus Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“.
Februar 1973 - Schnee? Ja bitte! Aber so viel?!
Vorlíček hatte zwar die ganz hervorragende Idee, einen Winterfilm zu machen, doch die Dreharbeiten werden schneetechnisch die reinste Katastrophe.
Nach Abschluss der Dreharbeiten mit dem Moritzburger Schloss und ein paar Säcken Kunstschnee geht es für das Drehteam zurück in die ČSSR. Südlich von Pilsen hat man die Wasserburg Švihov als Schauplatz für das Gut der Stiefmutter ausersehen. Doch auch hier: kein Schnee. Der Burghof ist grau-braun und steinig und in der Umgebung kann man leider viel zu gut die Pflöcke erkennen, mit denen man die Drehorte markiert hatte. Im Hof ist es natürlich möglich, wieder Kunstschnee auszustreuen, aber im Wald?
Plötzlich jedoch kommt die Nachricht: Im Böhmerwald schneit es! Vorlíček – selber noch nicht im Besitz eines Autos – leiht sich das Fahrzeug von Vladimír Menšík und fährt los, um sich selber ein Bild von der Lage zu machen. Er kommt nur etwa 25 km weit, dann bleibt das Auto in einer Schneewehe stecken und Vorlíček schafft es gerade so zurück.
In der bildreichen tschechischen Sprache heißt es über die damaligen Drehtage, es habe „Federbetten“, ja „Berge“ an Schnee geschneit, auf jeden Fall zu viel. Markierungen sind weg, Schauspieler und Gerät bleiben im Schnee stecken, an mehreren Tagen muss sogar wegen Schneetreibens abgebrochen werden.
Die Drehplätze an denen Aschenbrödel vor den Prinzen davonlaufen soll, sind so tief eingeschneit, dass man überlegte, einen Weg hineinzugraben und den Schnee wegzuschaufeln. Nur dann müsste man den Schnee ja irgendwo hinschaufeln, also entscheidet Vorlíček: alle vom Regisseur bis zum Beleuchter sollen im Gänsemarsch einen Weg durch den Schnee treten, den die Schauspieler dann entlanglaufen können. Durch die Schneemassen wird eine Versorgung mit Mittagessen oder anderem Nachschub unmöglich und die Schauspieler, die sich morgens früh zum Schminken auf Burg Švihov einfinden, und dann in den Wald gefahren werden, sind aufgefordert, sich Proviant mitzubringen.
Das bleiben nicht die einzigen Zumutungen. Immer noch haben viele der Schauspieler laufende Engagements an Theatern, in denen sie abends und am Wochenende auftreten müssen. Nun ist die Strecke zwar nicht mehr so lang, wie bis nach Moritzburg oder gar Potsdam, aber müde sind sie trotzdem oft. Die dünnen Kostüme und Lederstiefel bieten nicht annähernd genug Schutz gegen die teilweise eisige Kälte, so dass sich mancher heute noch fragt, wie sie das alles ausgehalten haben.
Beim Wäschewaschen im Bach hält man Wechselkleidung und heißen Tee für Libuše bereit und für die Nahaufnahmen der Endszene wird der Schauspielerin, die bei minus 20 Grad Celsius in einem weit ausgeschnittenen Kleid lächeln muss, wenigstens unterhalb des Bildausschnitts eine orange Decke umgelegt. Libuše Šafránková sitzt dazu übrigens - ebenso wie Pavel Trávníček - auf einem Kameramann, der mit dem Rücken auf einem Schlitten liegend von der Crew durch den Schnee gezogen wird.
Doch in der Totalen heißt es: Weiterreiten! Die Schauspieler rufen immer wieder, ob sie jetzt weit genug geritten sind, aber nein, bis hinter den Horizont muss es gehen. Dort war eigentlich ein Empfangskommitee mit Decken und heißen Geränken geplant, aber das ist vergessen worden. Und einfach auf derselben Strecke zurückreiten dürfen Šafránková und Trávníček natürlich nicht, sie müssen ganz außen um den Hügel herumreiten. Zähneklappernd und durchgefroren kommen sie wieder beim Drehteam an.
Auch für die Kamera ist die Kälte ein Problem, sie muss immer wieder in einem beheizten Bus aufwärmen. Die Akkus halten bei den niedrigen Temperaturen nur etwa 20 Minuten, dann werden sie ausgetauscht und wieder aufgeladen. Unter diesen Bedingungen geht der Dreh nur stückchenweise voran. Die Schauspieler haben also Gelegenheit, sich zwischendurch ebenfalls etwas zu erholen, aber der Regisseur und Crew können sich solche Pausen nicht erlauben. Sie bringen den ganzen Tag bei erheblichen Minusgraden im Freien zu.
Und es gibt ja auch eine Menge zu tun! Ein professioneller Bogenschütze schießt den Zapfen herunter, die Treiber für die Treibjagd müssen eingewiesen werden, ein Jäger kommt mit seinem zahmen Fuchs, Hund Bam mit seinem Trainer begleitet Aschenbrödel, eine Reiterin vom Kladruber Reitverein springt für Šafránková über einen Baumstamm und der Meister höchstpersönlich steigt auf eine Klappleiter, um den toten Falken von oben korrekt ins Bild zu werfen. Zum Abschluss jedes Drehtages bekommt Libuše dann noch das graue Aschenbrödelkleid angezogen und reitet noch zwei-, dreimal verträumt durch die Tannen. Zwischendurch taut es und der Schnee fällt von den Bäumen – der Boden ist zwar noch schön weiß aber der Wald grün und gar nicht mehr winterlich. Jahrzehnte später erzählt der Regisseur immer noch ironisch: sie haben wirklich viel Spaß mit dem Wetter gehabt.
Endlich sind alle Waldszenen im Kasten und es geht zurück in die Nähe von Burg Švihov. Im Nachbarörtchen ist der Weg am Teich vorbei mit einer Rampe präpariert worden, nun kann die Kutsche umstürzen und ins Wasser fallen. Den Teich bedeckt eine dicke Eisschicht, es muss erst ein Loch hineingehackt werden. Selbstverständlich fallen Braunbock und Hlaváčová nicht selbst in den eisigen Tümpel, sondern Stuntleute, für die am Set ein beheizter Wohnwagen bereit steht. Doch für die Szene, in der dem Prinzen klar wird „Du bist nicht die Richtige!" muss die hochschwangere Daniela Hlaváčová auf einem Gerüst Zentimeter über der kalten Wasseroberfläche stehen.
An Václav Vorlíček gehen die Strapazen nicht unbeschadet vorüber: er muss ein paar Monate später wegen Gallensteinen operiert werden und eine Kur antreten. Diese wird jedoch rüde von einem hochrangigen Mitglied des Nationalkommittees unterbrochen, weil dem Regisseur des noch nicht mal angelaufenen besten Films aller Zeiten völlig zu Recht der erste Filmpreis überreicht werden soll.
Aber dazu später.
März 1973 - Falsche Tore und Schnaps
Das Wetter durchkreuzt die geplanten Abläufe häufig und zwingt den Drehstab immer wieder zur Improvisation. Weil in Moritzburg kein Schnee gelegen hatte, konnte die Unterhaltung zwischen dem Prinz und seinen Eltern während des Königszuges dort nicht gefilmt werden und wird Anfang März 1973 in Böhmen nachgeholt. Die große Entourage ist nicht dabei, aber im Film fällt auch das nicht auf.
Der Präzeptor – dargestellt von dem korpulenten Jan Libíček – ist wohl der einzige, der nicht frieren muss. Er trägt zusätzlich zu seinem beachtlichen Körpergewicht auch noch einen Mantel aus Fuchsfellen, der fast 20 kg wiegt. Schaupsieler und Kostüm zusammen sind zu viel für den geplanten Esel, stattdessen reitet Libíček auf einem Fjordpferd.
Endlich sind die Arbeiten im tief verschneiten Wald, auf eiskalten Feldern und dick zugefrorenen Teichen beendet, weiter geht es auf Burg Švihov. In den ersten Märztagen 1973 ist von Frühling nichts zu spüren, als die Kulissenbauer tätig werden. Filmarchitekt Oldřich Bosák hatte beschlossen, an ein ehemaliges Gebäude der Burg, von dem nur noch die Außenwand stehen geblieben war, Balkon und Treppe für den Auftritt der Stiefmutter anbauen zu lassen. In die leeren Fensterhöhlen werden Fenster eingesetzt und eine Tür angebaut, die sich nach außen öffnen lässt, so dass es im Film scheint, als träte die Stiefmutter direkt aus ihren Gemächern. Die kleineren Fenster in der ehemaligen Etage darüber sind mit Strohballen ausgestopft.
Das vorhanden Tor in der Burgmauer ist zu schmal für die Kutsche der DEFA, in der das Königspaar sitzt, daher wird ein zweites Tor an einen Turm angebaut. Und einen Taubenschlag braucht ein
Aschenbrödel-Film natürlich unbedingt!
Für die Aufnahmen von außerhalb der Burg muss das Tor abgebaut und an einen anderen Tum auf der Rückseite des Gemäuers wieder angefügt werden. Denn der erste Turm, den man von innerhalb des Burghofes sieht, steht zu dicht an dem kleinen Örtchen Švihov und der Brücke über den Burggraben. Hier ist kein Platz für Aschenbrödels wilden Ritt nach Hause. Auf der anderen Seite der Burg jedoch ist der Graben schon vor langer Zeit verschwunden und die Landschaft weitet sich. Nur steht der nächste Turm recht weit hinten. Bosák verkürzt die Entfernung mit einem optischen Trick: eine kleine Mauer wird schräg gebaut, so dass es aussieht, als wäre sie viel länger. So stellt sie scheinbar die Verbindung zu einem Turm her, der in Wahrheit viel zu weit hinten steht. Ein Schneehügel im Vordergrund macht die Illusion perfekt.
A propos Schnee: den gibt es hier immer noch nicht. Es ist allerdings sehr, sehr kalt. Also wieder Styropor verteilen. Aber man fährt auch echten Schnee aus dem nahen Böhmerwald heran, denn da liegt er ja bekanntermaßen in mehr als ausreichender Menge herum.
Immer für eine Geschiche gut ist Vladimír Menšík. Der beliebte Schauspieler hat ein ernsthaftes Alkoholproblem, aber „er war nie so betrunken, dass er nicht mehr spielen konnte“, erinnert sich Vorlíček. Einmal jedoch ist es fast soweit. Menšík und Jandák gönnen sich nach einem harten Drehtag einen schönen Abend in der Diskothek im nahen Klatovy und zum Ausklang fährt man nach Švihov, wo man sich mit dem Burgverwalter und seiner Frau angefreundet hat und kümmert sich mal um deren Schnapsreste, die von der Weihnachtsbäckerei übrig geblieben sind.
Am nächsten Morgen als das Drehteam und die Schauspieler mit dem Bus am Drehort ankommen, ist Vladimír Menšík schon da, sitzt auf einer Mauer, tut so, als ob er eine Zeitung lese und beschwert sich, wo denn alle bleiben. Gedreht wird die Szene, in der die Gutsbewohner ihre Hüte hochwerfen und sich freuen. Doch statt „Hoch lebe unser Aschenbrödel!“ ruft Menšík: „Überprüft Bangladesch!“ weil er in der Zeitung irgend einen Artikel über Bangladesch gelesen hat. Viel später wird Vorlíček berichten, wie betrunken sein Vinzek gewesen sei: Die beiden Begleiter des Prinzen, dargestellt von Jandák und Drbohlav, mussten den älteren Kollegen rechts und links einrahmen, damit er nicht zu sehr schwankte oder gar umfiel.
Seinen Hut hat er nicht hochgeworfen.
April 1973 – Musik!
Kurz vor Silvester 1972 hatte Karel Svoboda den Vertrag über die Komposition von 40 Minuten Filmmusik bekommen, dafür erhält er 40.000 Kronen. Doch es ist schon viel länger klar, dass er und niemand sonst die Filmmusik schreiben soll. Vorlíček hatte ihn angerufen, sobald er die Regie bekommen hatte. Er hatte Svoboda gesagt, dass er etwas schönes möchte, etwas, das Kinder und Erwachsene anspricht und etwas mit historischen Anklängen – immerhin dient die Renaissance als Vorbild für die zeitliche Einordnung des Films. Gleich am nächsten Tag hatte Svoboda zurückgerufen. „Hör mal!“ hatte er Vorlíček aufgefordert, und durch den Telefonhörer am Klavier seine Ideen präsentiert.
Mit dem finalen Zusammenstellen seiner Ideen und musikalischen Motive muss Svoboda jedoch warten, bis der Film fertig ist, denn die Musik soll ja zu den Szenen passen. Quasi mit der Stoppuhr muss er jedem Bild Musik hinzufügen, denn die Triangel soll genau dann erklingen, wenn die Nuss auf dem Boden landet und eine Szene soll genau mit dem letzten Ton eines Musikstücks ausblenden.
Schnell gehen soll es bitteschön auch noch, man will nicht wochenlang auf den Score warten. Kaum ist die Partitur fertig, wird die Musik also schon eingespielt und das ebenfalls innerhalb weniger Tage.
Der Score von Karel Svoboda, grandios und einfühlsam dirigiert von Štěpán Koníček, wird sich noch als einer der Punkte herausstellen, der immer wieder genannt werden wird, wenn man fragt: Was macht eigentlich den Erfolg des Films „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ aus? Ganz klar: der Schnee, Libuše Šafránková und die von zwei absoluten Profis verantwortete, wunderschöne Filmmusik.
Mai 1973 - Postproduktion
Im Mai erhält der Film seine Tonspuren. Karel Svobodas Musik wird bis Mitte Mai mit den Filmbildern in Einklang gebracht. Dazu gehört auch ein von Karel Gott gesungenes Lied, denn soviel war Vorlíček gleich klar: wenn er Karel Svoboda anfragt, bekommt er automatisch auch Karel Gott. Jiří Staidl, der mit beiden schon seit zehn Jahren eng zusammenarbeit, schreibt den Text, der Titel lautet: „Kedpak ty ptáčky hnízdo máš“, auf Deutsch „Wo kleiner Vogel ist dein Nest“, denn natürlich wird für die noch zu erstellende deutsche Synchronfassung das Filmlied auch auf Deutsch gebraucht.
Neben der Musik gibt auch Filmgeräusche, wie Pferdegetrappel, Schüsselzerbrechen oder Zeremonienstockklopfen und die müssen ebenfall eingespielt und abgemischt werden. Im Tonstudio entsteht eine Audiospur nur mit solchen Tönen. Die wird später den deutschen Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung gestellt, damit man sie mit der deutschen Dialogspur zusammenfügen kann. Von Anfang an war ja beabsichtigt, den Film den Vertretern der ausländischen Filmwirtschaft anzubieten.
Die Verwaltungsabteilung ist derweil auch nicht faul. Sie nimmt Meldungen über „Verluste“ bei den Dreharbeiten entgegen (z. B. sind in der DDR Verluste in Höhe von 372 Kronen entstanden) und muss sich auch mit einem Diebstahl von Lederstücken während der Dreharbeiten in Moritzburg auseinandersetzen.
Es sind unvorhergesehene Kosten entstanden: Durch den Schneemangel in der DDR musste die Drehcrew viel improvisieren. Ende Mai hat die Auslandskommissionsgruppe den Drehzeitraum des Films analysiert und ist zu dem Schluss gekommen, dass die die Unmöglichkeit der Dreharbeiten in Moritzburg wegen ungünstiger Schneeverhältnisse und die Notwendigkeit der Verlegung in die ČSSR und anschließend von Švihov in höhere Gebiete des Böhmerwalds eine Neukalkulation der Kosten erfordern.
Juni 1973 – Deutsche Synchro
Ende Mai/Anfang Juni ist Regisseur Vorlíček in Babelsberg um dort die Nachsynchronisation der deutsche Fassung zu begleiten. König Rolf Hoppe, Königin Karin Lesch und Stiefmutter Carola Braunbock sprechen ihre Rollen noch einmal ein. Als Stimmen der tschechischen Darstellerin sind deutsche Theater- und Filmdarsteller ausgesucht worden. Im Gegensatz zu den drei deutschen Hauptrollen wissen sie nicht, wie der Film aussieht, für den sie die Dialoge einsprechen.
Der 24jährigen Dorothea Meissner vom Volkstheater Rostock geht das auch so. Sie spricht Aschenbrödel. Der Text, den sie einsprechen soll, ist recht knapp und sie ist sehr überrascht, als sie den fertigen Film zum ersten Mal sieht. Vieles wird nicht mit Worten, sondern Bildern vermittelt und davon ahnt man als Synchronsprecher natürlich nichts.
Hier findet ihr ein Interview mit der inzwischen verstorbenen Theaterschauspielerin.
Sommer 1973 - Endfertigung und Abrechnung
Die Film- und Tonbänder müssen „ins Reine“ kopiert werden, diverse Berichte sind zu schreiben, die Führungskräfte warten auf ihre Honorare und wenn irgendwann wirklich alles fertig ist, muss eine Endabrechnung gemacht werden. Die tschechische Version wird nach und nach fertig, weil aber die Deutschen immer erst darauf warten müssen, dass die Tschechoslowaken den nächsten Produktionsschritt machen, nähert sich die Filmpremiere in der ČSSR schneller, als in der DDR.
In der "Sedmička pionýrů" erscheint mitten im Sommer ein großer Artikel über den kommenden Winterfilm. Das Foto auf der Titelseite ist bei strahlendem Sonnenschein vor Burg Švihov entstanden.
Im August teilt der Leiter des DEFA-Studios dem Leiter des Barrandov Film Studio mit, dass die Arbeiten am Film so weit fortgeschritten sind, dass eine gemeinsame Abnahme des Films möglich ist. Bei dieser Abnahme schauen sich die Verantwortlichen das Werk noch einmal gemeinsam an. Ergebnis: Im Allgemeinen sind beide Seiten einverstanden. Bis auf eine kleine Unstimmigkeit, doch von der ahnt man in Barrandov noch nichts.
Oktober 1973 - Die ersten Preise
Die tschechische Version ist fertig. Am 10. Oktober steht die Abnahme in Deutschland an. Studiodirektor Wilkening und Kinderfilmchef Richter de Vroe sind sehr zufrieden – bis zu den letzten paar Minuten. Da reiten Aschenbrödel und der Prinz zu Karel Gotts Lied vom kleinen Vogel in den verschneiten Horizont.
Das kommt bei den Partnern aus der DDR gar nicht gut an. Ein Stilbruch sei das, völlig unpassend, für die deutsche Fassung bitte rausschneiden. Das gleiche Urteil fällt später (vielleicht auch schon früher bei der Vorführung im Sommer in Prag) Gert Müntefering, Kinderfernsehredakteur des westdeutschen WDR. Es wird dann eine Instrumentalversion des Titelliedes für das Ende des Films verwendet. So kommt es, dass für die ganze Welt der Film bis heute mit einem Lied endet, nur in Deutschland nicht.
Noch vor der offiziellen Kinopremiere wird „Tři Oříšky pro Popelku“ auf einem der zahlreichen Filmfestivals in der ČSSR vorgeführt. Das Festival in Ostrov nad Ohří ist noch relativ klein, aber etwas besonderes: Es geht nur um tschechische und slowakische Filme, und nicht Fachleute, sondern eine Jury aus 25 Kindern, die meisten Mitglieder in Filmclubs, wählt in geheimer Sitzung die Preisträger aus – Von vier Werken gefällt der Jury der Aschenbrödelfilm am besten.
Regisseur Vorlíček und Kinderfilmdirektor Ota Hofman bekommen auf dem Festival, das vom 11. bis 14. Oktober 1973 in der böhmischen Kleinstadt gefeiert wird, eine Kristallvase überreicht, Libuše Šafránková und Pavel Trávníček erhalten Preise als beste Darsteller.
50 Jahre später gibt es das Festival immer noch. Inzwischen ist es nach Ota Hofman benannt, dem Autor, Regisseur, Dramaturg und Chef der Kinderfilmabteilung in den Prager Filmstudios. Nach dem Mann also, der den damals verbotenen Drehbuchautor an eine unverdächtige Kollegin vermittelte, versuchte, einen weiteren kaltgestellten Kollegen als Regisseur zu beschäftigen und der deutschen Regieassistentin anbot, ihren ersten Film in Prag zu drehen.
Am 8. Oktober 2023 feiert man am Eröffnungsabend gleich zwei Jubiläen: 40 Jahre "Die Besucher" und 50 Jahre Aschenbrödel. Pavel Trávníček ist eingeladen, Tři Oříšky pro Popelku" wird im großen Saal des Kulturhauses gezeigt und Gert Müntefering, der nicht nur dieses tschechoslowakische Juwel dem westdeutschen Publikum zugänglich gemacht hat, bekommt für seine Verdienste um den tschechischen Kinderfilm einen Preis verliehen. Dann habe ich Gelegenheit, mich zu bedanken und in Ehrfurcht zu verneigen, denn eins steht fest: Kein Müntefering - keine Aschenbrödel-Webseite.
Das Filmfest hat natürlich noch viel, viel mehr zu bieten! 13 Filme werden an mehreren Spielorten gezeigt, es gibt Diskussionen, Autogrammstunden, Bastelaktionen, eine Kostümausstellung mit Kostümen aus "Die Besucher" und "Drei Haselnüsse..." und, und, und.
November 1973 - Kinopremiere in der ČSSR
Am 16. November 1973, einem Freitag, kommt Tři Oříšky pro Popelku endlich ins Kino! Im Rahmen eines landesweiten Kinderfilmfestivals an dem 423 Kinos in der ganzen ČSSR teilnehmen gibt es die Kinopremiere am 16.11. im Prager Kino Blaník mit Vorlíček und Šafránková und weiteren Mitwirkenden. Das war damals eine ganz normale Sache: Wer von den Schauspielern und Schauspielerinnen gerade Zeit hatte war bei solchen Premieren Zeit hatte, war dabei, gab Interviews oder beantwortete nach dem Film Fragen des Publikums.
Ende November beginnt im tschechoslowakischen Brno eine wichtige Fachmesse. Auf dem „Filmforum“ vom 28. November bis zum 10. Dezember 1973 finden sich Vertreter aus 27 Ländern auf dem Messegelände ein, um rund 300 Filme anzubieten und auszuwählen. Die ČSSR geht mit 17 Filmen ins Rennen.
Größter Erfolg in diesem Jahr: „Tři Oříšky pro Popelku“. Als Kinofilm wird er auf Anhieb in drei westliche und sechs sozialistische Staaten verkauft, weitere Länder sichern sich Ausstrahlungsrechte für das Fernsehen.
Die Endfertigung der deutschen Version ist Ende November immer noch nicht abgeschlossen, ein Premierentermin in der DDR steht noch nicht fest.
Winter 1973/74 - Der Erfolg zeichnet sich ab
Bis Ende des 1973 ist „Tři Oříšky pro Popelku“ in die ganze Welt verkauft worden. Dabei geht es nicht nur um Vorführrechte für Kinos, sondern auch Fernsehstationen kaufen den Film. In den 56 Tagen seit der öffentlichen Premiere haben in der ČSSR schon 239.202 Kinobesucher den Film gesehen. Das alle zwei Wochen erscheinende Magazin „Kino“ zählt in der Ausgabe vom 18.12.1973 „Tři Oříšky“ zu einem der Filme, den die Zuschauende am meisten in Erinnerung behalten werden. Und das, obwohl er nur als Kinder- und Familienfilm gedacht ist, ein Sujet, mit dem sich die Zeitschrift nur ganz am Rande beschäftigt.
März 1974 - Endlich in Deutschland!
Am 8. März um 14:30 sind Carola Braunbock, Karin Lesch, Pavel Trávníček und Václav Vorlíček im sächsischen Freiberg in der Filmbühne Stadtpark eingeladen, am Tag darauf in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) mit Werner Beck von der DEFA-Arbeitsgruppe „Berlin“, und wieder einen Tag später feiert „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ im Berliner Kino Babylon Premiere, ebenfalls mit Stargästen und Klaus Richter de Vroe, Präsident des Nationalen Kinderfilmzentrums.
Die Kinos sind voll besetzt, natürlich vor allem mit Kindern und deren Eltern. Wie üblich, bekommen die Schauspieler und Regisseur nach der Vorführung Blumen überreicht und beantworten die Fragen des überwiegend jugendlichen Publikums.
Auch die Kritiken in den Zeitungen sind durch die Bank positiv. Vor allem die Figur des Aschenbrödel, das „fernab von jeder Demut“ (Filmspiegel) „sein Geschick in die eigene Hand“ nimmt (Neue Zeit), begeistert Zuschauer und Kritiker gleichermaßen. Im „Freies Wort Suhl“ wird sogar jedem empfohlen, eine Kinokarte zu kaufen (Preis: 50 Pfennig), denn „Die Geschichte dieses Aschenbrödels zu sehen lohnt sich auch für Erwachsene.“
Und daran hat sich seit 1974 nichts geändert.